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Ungleichheiten: Editorial


Foto: Markus Spiske

Gesellschaftliche Ungleichheiten können als Verhältnisse beschrieben werden, in denen materielle und immaterielle Ressourcen nicht gleichmässig verteilt sind. Sie existieren nicht einfach, sondern werden stets produziert, bestätigt und verstärkt, oder hinterfragt und verändert. Diese ungleichen Verhältnisse besitzen eine zeitliche Tiefe – ihre Entstehungs- und Entwicklungsgeschichten können Aufschluss darüber geben, wie sie sich heute verstofflichen. Was abstrakt erscheint, wirkt sich konkret auf die Lebensbedingungen der Menschen aus. Häufig verstärken sich verschiedene Aspekte der erlebten Ungleichheit für einzelne Menschen gegenseitig: Neben der ökonomischen Ausstattung kann dies auch die individuelle Gesundheit, soziale Beziehungen, Zufriedenheit und Formen des Geschmacks, aber auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt betreffen. So werden Ungleichheiten zwar von Einzelnen erfahren oder ausgeübt, sie sind aber immer auch strukturell, also in Normen, Gesetzen, Institutionen und Organisationen verankert. Menschen, die davon betroffen sind, haben wenig Möglichkeiten, diese Positionierungen selbst zu verändern, während andere daran interessiert sind, ebendiese ungleichen Verhältnisse für sich selbst (aus) zu nutzen und sie zu verstärken. 

Ungleichheiten manifestieren sich als real zu beobachtende Phänomene. Einzelne Menschen, kleinere Gemeinschaften, aber auch ganze (globale) Regionen können von Ungleichheiten geprägt sein. Sie lassen sich wahrnehmen, wenn der nächtliche Weg nach Hause zur Gefahr wird oder sich Polizeikontrollen von bestimmten Personen(gruppen) im Alltag routinierter anfühlen. Sie lassen sich feststellen, wenn der Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung oder Bildung ökonomisch schwachen Gruppen strukturell verwehrt bleibt. Sie verdinglichen sich in unseren Konsumgütern, welche die Ausbeutung ökonomisch schwächerer Länder und deren Ressourcen für die Produktion bedingen. Sie wirken aber auch gewaltvoll in globalen Krisen und Konflikten: Menschenleben werden zum Beispiel ungleich verhandelt, wenn geflüchteten Körpern ein Wert zugeschrieben wird und diese durch (inter)nationale Grenzregime reguliert werden.  

Wir interessieren uns in diesem Themenschwerpunkt dafür, wie sich gesellschaftliche Ungleichheiten kulturell manifestieren, wie sie für wen relevant werden, wie sie sich reproduzieren und auch, wie sie sich verändern könn(t)en. Wir möchten die Autor*innen dazu einladen, sich mit der historischen Gewordenheit und mit möglichen Zukunftsszenarien zu beschäftigen – sei dies durch interventionistische Vorschläge, imaginative Perspektiven, analytische Deskriptionen oder eine kritische Auseinandersetzung. Der Fokus auf dieses Thema dient dazu, ungleiche Verhältnisse anhand aktueller und dringlicher Beispiele sichtbar zu machen, um so einen Anstoss zur Veränderung zu ermöglichen. 




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